Regionalplan-Änderung: Düsseldorfer Entscheidung zu Wilhelmshöhe-Nord wird in Fraktionen beraten / Baudezernent sieht Etappenerfolg
pebe ■ Die Entscheidung aus Düsseldorf, den weiteren Planungen für das Gewerbegebiet Wilhelmshöhe Nord in Bühl den Weg zu ebnen (die SZ berichtete), wollen die Fraktionen im Freudenberger Rat in Ruhe reflektieren. So hieß es jetzt gegenüber der SZ aus den meisten Fraktionsvorständen. Lediglich die Grünen haben sich bereits auf eine differenzierte Position festgelegt. Der Rat hatte 2012 den Antrag auf eine entsprechende Änderung des Regionalplans auf den Weg gebracht, nach einer teils heftig geführten Auseinandersetzung zwischen dem Regionalrat, der das Freudenberger Vorhaben befürwortet, und der Landesregierung ist der Weg nun frei für das weitere Prozedere.
Wie die Politik mit den nun geklärten Bedingungen umgehen wird, muss sich noch zeigen. Er wolle dies erst mit dem Fraktionsvorstand besprechen, sagte Fraktionschef Peter Kulik (CDU).
Auch Anke Flender, stellv. Fraktionsvorsitzende der SPD, sagte, ihre Fraktion werde darüber beraten, aber es gebe ja einen entsprechenden Ratsbeschluss, betonte sie. Torsten Freda (FDP) bemerkte, über die Entwicklung müssten die Liberalen noch beraten, aber „wünschenswert ist das Gewerbegebiet mit Blick auf die entstehenden Arbeitsplätze“, überlegte er. Wie man weiter vorgehe, bleibe weiteren Beratungen vorbehalten.
Paul Schmidt (AL) sagte, seine Fraktion habe sich schon 2014 gegen die Gewerbegebietspläne gestellt und sei darüber „entsetzt“. Ein entsprechender Antrag, auf die Realisierung zu verzichten, sei aber nie besprochen worden. Seine Fraktion sei der Überzeugung, ein solches Gebiet sei nicht erforderlich, gebraucht würden in Zukunft vielmehr die Wälder.
Überraschend deutlich positioniert haben sich bereits die Grünen im Rat. Sie seien von der
schnellen Entwicklung „überrumpelt“ worden, gaben Fraktionschefin Christiane Berlin und ihr
Fraktionskollege Werner Steuber auf Anfrage der SZ zu. Allerdings habe sich die Situation für die
Freudenberger Grünen seit ihrer zustimmenden Haltung 2012 deutlich geändert. Seinerzeit habe man noch gedacht, diese Lösung sei die „beste aller schlechten Lösungen“, so Christiane Berlin. Aber bereits bei den ersten Computersimulationen des Gewerbegebiets hätten die Grünen „Bauchschmerzen“ bekommen. Als sich dann eine mögliche Konfliktlinie mit den Waldgenossenschaften von Bühl und Büschergrund aufgetan habe (Stichwort: „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ als rechtliches Mittel, in der bisherigen Diskussion immer wieder als „Enteignung“ bezeichnet), sei dieses Gefühl stärker geworden. „Da haben wir dann gesagt, das machen wir nicht mit.“
Ein Vergleich mit der Entwicklung beim Gewerbegebiet Alte Eisenstraße (früher Wilhelmshöhe-West) zeige, dass der erwartete Gewinn an Arbeitsplätzen das geplante neue Gewerbegebiet nicht erforderlich mache, so Berlin weiter. Die Auswirkungen auf die Landschaft seien nicht akzeptabel, sagte Fraktionsmitglied Eberhard Schray. Die Info-Tafel auf dem Ischeroth zeige den Wanderern, welche Punkte im Panoramablick zu sehen seien. „Von all diesen Punkten aus wird man auch dieses Gewerbegebiet sehen“, gab er zu bedenken. Der Versuch von Ausgleichsmaßnahmen für die geplante Landschaftszerstörung sei „lächerlich“, fügte Christiane Berlin hinzu.
Die Freudenberger Grünen unterstützten daher die Bühler Initiative gegen das Gewerbegebiet, betonten die drei. Die Ablehnung und der Bürgerprotest müssten zudem in den Rat getragen werden. „Wir haben die Entwicklung gerade nach der anfänglichen Ablehnung seitens der Staatskanzlei unterschätzt und müssen uns nun auf die beginnende Planungsarbeit konzentrieren“, sagte Werner Steuber selbstkritisch. Dabei setze er auch auf die fachliche Unterstützung durch den Kreisverband seiner Partei. In den anderen Fraktionen gebe es seines Wissens unterschiedliche Sichtweisen auf das Vorhaben. Hier müsse viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Notwendig sei jedenfalls die weitere Unterstützung der Bühler und Büschergrunder Waldgenossen in ihrer Ablehnung eines Waldverkaufs für das Vorhaben. Ein Votum des Rates für das Instrument der „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ müsse aber auf jeden Fall verhindert werden, „das gäbe dauerhaft böses Blut“, betonten die Grünen. Eberhard Schray verwies in diesem Zusammenhang auf mögliche unkalkulierbare Kosten für die Stadt, wenn es zu einer juristischen Auseinandersetzung kommen sollte. Steuber ergänzte, dass solche Kosten von der beschlossenen Nachhaltigkeitssatzung „nicht gedeckt“ würden.
Die Waldgenossenschaften wollen sich ihrerseits Zeit zum Beraten lassen. Armin Müller von der
Waldgenossenschaft Bühl teilte der SZ mit, beide Waldgenossenschaften hätten das Signal aus
Düsseldorf „zur Kenntnis genommen“. Nun werde man in Ruhe beraten. „Wir werden mit einer
Stimme sprechen“, betonte er.
Freudenbergs Baudezernent Karl Hermann Hartmann sprach gegenüber der SZ von einem
„Etappenerfolg“. Düsseldorf habe der Verwaltung gegenüber signalisiert, dass es einen Bedarf für ein weiteres Gewerbegebiet gebe, dass die Stadt die notwendigen Abwägungen vorgenommen habe und dass der Standort an der Autobahn akzeptiert werde. Bislang sei die Stadtverwaltung jedoch noch nicht offiziell über den Erlass in Kenntnis gesetzt worden, das werde über die Bezirksregierung geschehen. Er wisse deshalb bislang auch noch nicht, ob der Erlass „mit oder ohne Maßgaben“ erfolgt sei.
Hartmann wies zudem die immer wieder vorgebrachte Befürchtung zurück, der Ischeroth solle
„geköpft“ werden. Zwar würde man an den Berg heran gehen, aber „die höchste Erhebung bleibt unberührt“. Mit Blick auf die „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ meinte er, es seien dazu bislang nur „vorbereitende Untersuchungen“ beschlossen, aber noch gar nicht begonnen worden. Die Verwaltung werde erst planen, wenn mit den Beteiligten ein sachliches und auf Verständnis ausgerichtetes Gespräch gesucht worden sei.
Siegener Zeitung vom 20.3.2015
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